Morgenstund hat Gold im Mund. Nicht.
Ich verbringe dieses Wochenende in Paris bei meinen Freundinnen und habe gestern im TGV einen unveröffentlicht Blogeintrag über meine parisische Morgenroutine gefunden. Voilà.
Dienstagmorgen, 6:30 Uhr, Pogo von Digitalism ertönt, ich greife blind in Richtung des Lärms und hoffe, mit dem Finger in die richtige Richtung zu wischen, um mein Handy auf Schlummern zu stellen und in 10 Minuten noch einmal vom gleichen Lied geweckt zu werden. Vielleicht helfen mir diese 10 Minuten Schlaf ja, mich plötzlich ausgeruht zu fühlen… Ich wache auf, 7:12 Uhr! Fuuuuuuck! Hab‘ wohl ausschalten statt schlummern erwischt. Egal, drei Viertelstunden reichen immer noch gut zum Anziehen, einen Kaffee trinken und meine Augenringe wegschminken. Ich bin sowieso viel zu müde, um etwas zu essen. Aber dafür sollte ich etwas zum Znüni einpacken… Mist, die Waffeln habe ich gestern Abend schon alle gegessen… Na gut, dann kaufe ich halt später ein Gipfeli. Warum machen die Franzosen keine anständigen Brötchen? Immer dieses Butter-Milch-Zeug, eine Diskriminierung für uns Laktoseintollerante! Vielleicht schreibe ich dem Sarkosi mal einen Brief… Ah nein, der Hollande ist ja jetzt dran. Oh, das Wasser kocht. Hmm… Nehmen wir lieber drei Löffel Kaffeepulver, heute bin ich besonders müde. Wir? Wirklich? Du sprichst von dir im Plural? – Ja, und jetzt halt die Klappe, wir schreiben hier einen inneren Monolog, keinen inneren Dialog, das wäre ja wahnsinnig. Sojamilch sollte ich auch wieder einmal kaufen. Autsch, der Kaffee ist noch zu heiss. Gut, dann restauriere ich jetzt erst einmal mein Gesicht. Warum muss gerade ich genetisch bedingte Augenringe haben? Warum kann ich nicht einfach morgens aufstehen und ausgeruht aussehen wie normale Menschen?! Zugegeben, etwas mehr Schlaf könnte nicht schaden, aber … egal, dafür gibt es Concealer. Und, mache ich heute einen Lidstrich oder nur Wimperntusche? Ich treffe mich nach der Schule mit Emma in diesem Hipster Café „Ten Belles“, also beides und noch etwas Rouge und vielleicht noch etwas Lidschatten… und deine Nase glänzt, ist dir das bewusst? „Michelle, the red nosed human, had a very shiny nose…“ Das hat jetzt etwas länger gedauert als geplant, hoffentlich bleib mir noch genügend Zeit, um mir etwas hübsches zum Anziehen zusammen zu stellen… 7:45 Uhr, ok dann feiern halt die Jeans und das T-Shirt von gestern, die eh schon auf dem Boden rumliegen, heute ihr Comeback. Wollte ich nicht noch etwas für den Unterricht vorbereiten? Egal, Wiederholung ist auch wichtig… Vertiefung und so. Ich sollte wirklich anfangen, am Abend vorher zu packen. Mittlerweile hat auch der Kaffee die perfekte Temperatur um auf ex getrunken zu werden. Instantkaffe ist eh nicht so das Wahre. Kaffeemaschine, ich vermisse dich!
Welche Schuhe? Ich sollte wieder einmal Schuhe putzen. Regnet es? Nicht dass ich wasserdichte Schuhe hätte. Also die die Stiefeletten, die gehen immer. Handy, Kopfhörer, Metro-Karte, USB-Stick? Und los. Warum schliesse ich eigentlich immer die Türe ab, wenn man sie doch eh nur mit dem Schlüssel öffnen kann? Und ohne Türcode kommt man ja nicht einmal ins Gebäude. Eigentlich komisch, dass ich in einem fünfstöckigen Gebäude wohne und noch nie einen Menschen im Lift getroffen habe…
Ich bin zu spät, ich bin zu spät! Schnell zur Metrostation. Aber rennen will ich auch nicht, die Metro wird mir eh vor der Nase weg fahren. Immer diese Horden von Schulkindern, die so langsam latschen und das ganze Trottoir blockieren. Wow, was für ein riesiger Hund! Der ist doch wirklich jeden Morgen mit seinem Herrchen da und wartet im Hauseingang. Worauf die wohl warten? Wow, und das ist aber ein süsser, kleiner Hund! Und ganz ohne Herrchen! Ich könnte ihn kidnappen, äh… dognappen… Und dann könnte ich ihm süsse kleine Kostüme häkeln, ihn verkleiden und er hätte einen eigenen Instagram-Account… Aber dann müsste ich ja extra jeden Morgen noch früher aufstehen und mit ihm raus. Und dann als einziger Mensch in Paris die Scheisse von meinem Hund auflesen? Nein danke!
Warum stehen die Leute da vor dem Metroschalter an? Ist sie gesperrt? Kann ich etwa gar nicht zur Arbeit, weil die Metro blockiert ist? Ach nein. Bloss Touristen. Schlaft doch aus und geht nicht um diese Zeit auch noch die Metro verstopfen. Tsäh, Morgenmenschen. Unmögliches Folk. Oh, ich höre eine Metro einfahren! Soll ich jetzt die Treppe runter rennen? Aber wenn es nicht meine ist, dann bin ich umsonst gerannt… Immer diese Entscheidungen am frühen Morgen.