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Die Prinzessin zeigt ihr Schloss

Als ich in der Schweiz war, haben mich viele nach dem Zustand meiner Waschmaschine gefragt, schliesslich fehlte meinem klassischen Drama noch der fünfte Akt. Wäre ich eine berühmte Dramen-Autorin und dies ein echtes klassisches Drama, hätten sich wohl viele Kritiker darüber beklagen, dass das Ende so vorhersehbar und langweilig sei, weshalb ich euch hier nur eine kurze Zusammenfassung des letzten Aktes liefere:

5. Akt

Auf meine E-Mail reagierte meine Vermieterin mit der Antwort, das sei vorher noch nie vorgekommen (hatte sie etwa das Gefühl, ich würde mir den modrigen Geruch einbilden?!) und ich solle es doch mal mit Javel versuchen. Gesagt, getan. Im Simply Market neben an eine Jumbo-Flasche Javel gekauft und damit meine Maschine in zwei Gängen bei 90°C durchgespült. Mein Studio roch danach wie ein Hallenbad und ich entschuldigte mich mental bei der Umwelt für diese Schandtat, aber die Waschmaschine war danach vom Modergeruch befreit. Lieber Chlor als Schimmel, nicht wahr? Es scheint also so, als wäre dieses ganze Theater doch kein Drama gewesen, das in einer Katastrophe geendet hätte. Und ich laufe wieder mit fein duftender, gewaschenerWäsche herum. Juhu.

Ich habe ihr mittlerweile auch verziehen, dass sie zu Beginn so eine Bitch war und wir waschen fast wieder gerne miteinander. Da sich an meiner Bügeleisen-Feindlichkeit nichts verändert, seit ich damals eine Unterhose gebügelt hatte, die prompt am Bügeleisen festgeschmolzen ist, hat sich inzwischen ein beachtlicher Berg bügelberieter Wäsche angesammelt. Vielleicht folgen also bald weitere spannende Stories übers Haushalten. „Die Bügeleisen Trilogie“ wäre doch ein vielversprechender Titel…


Aber kommen wir endlich zum eigentlichen Inhalt dieses Eintrags:


Die Prinzessin zeigt ihr Schloss


(Weil „Ein Rundgang durch meine Wohnung“ einfach ein viel zu langweiliger Titel wäre.)


Einige haben mich gefragt, wieso ich denn noch nie Bilder von meiner Wohnung gezeigt hätte. Ich bilde mir ein, eine gewisse Angst herausgespürt zu haben, dass meine jetzige Wohnung noch schlimmer sei, als die in Nizza. Obwohl kleiner ja kaum möglich wäre… aber das mit der stinkenden Waschmaschine hat wohl einen ziemlichen Eindruck hinterlassen. Ich kann euch beruhigen, ich bin überaus zufrieden mit meiner Wohnung. Deshalb habe ich auch nie darüber geschrieben, sie ist nämlich ziemlich perfekt für mich. Sie ist hübsch, gemütlich, hat alles was ich brauche. (Ausser vielleicht einen Backofen, aber das ist eh besser für die Linie). Mein Wifi ist schnell, mein Fernseher kann Netflix zeigen und ich habe neben meinem Bett noch einen Sessel, der eine Zweitidentität als Bett annehmen kann. Mein Schrank hat eine Spiegelfront, was mir erlaubt, mein Outfit zu checken, bevor ich das Haus verlasse. Ich habe viel Stauraum, meine Vermieterin ist nett und hat auch noch einen ähnlichen Geschmack wie ich, weshalb meine Wohnung schon bei meinem Einzug herzig dekoriert war. Den Küchentisch habe ich mit einem gepunkteten Tischtuch eingepackt und zum Ort der Kreativität (und manchmal des Essens) erklärt. Er ist meistens mit so vielen Stiften, Acrylfarben und Papier bedeckt, dass ich zum Essen nur noch knapp einen Teller hinstellen kann, aber ich mag das so. Ich habe genügend Platz, um drei Leute einzuladen und gemütlich beisammen zu hocken. Hätte ich noch einen vierten Stuhl, könnten wir sogar stilvoll am Küchentisch dinieren. Obwohl, das mit dem Dinieren ist nicht nur wegen dem überstellten Tisch und dem fehlenden Stuhl ein Problem: Meine Gruppe setzt sich aus vier kulinarisch komplizierten Frauen zusammen: Drew ist Vegetarierin, Emma ist keine Kohlenhydrate, weil sie so eine crazy, übergesunde Diät macht und ich bin Lactose intolerant. Wenn Deepa noch eine Nussallerige hätte, könnten wir nicht mal gemeinsam Apéro essen. Aber wir alle mögen französischen Wein, also haben wir es wenigstens lustig, während wir versuchen einen Kompromiss zu finden.


Da mich mein Nachbar gerne laute Musik hört und anscheinend auch Musikunterricht gibt, kann ich den ganzen Tag gratis Musik hören. Abgesehen von den ersten zwei Wochen, in denen er sich nur sphärische Trance Musik angehört hatte, und ich langsam an eine Alien-Invasion glaubte, hat er einen ziemlich guten Musikgeschmack. Es ist also nicht schlimm, dass er die Hintergrundmusik zum Film meines Lebens sponsert. Manchmal klaue ich sogar seine Lieder mit Shazam (ja, er hört so laut, dass das tatsächlich geht). Ausserdem: Wer kann schon von sich behaupten, dass sein Alltagsleben von live Pianomusik untermalt wird? Und wenn er halt an meinem freien Tag schon um acht Uhr morgens anfängt, Musik zu hören, dann stopfe ich mir Ohropax rein und schlafe weiter. Klar könnte ich mich aufregen und darüber ärgern, aber das spare ich mir hier in Frankreich lieber für die wirklich wichtigen Dinge auf. Wie stinkende Waschmaschinen, Metrobillete und scheiss Bankkonten…

Ausserdem muss ich so auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich am Wochenende meine Freundinnen einlade, wir französischen Wein trinken und zu Justin Bibers „Sorry“ tanzen oder laut „Dou you want to build a snowman?“ singen… Toleranz gegen Toleranz, scheint mir ein fairer Deal.


Und hier endlich Bilder von meiner Wohnung:


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