top of page

Ein neues Kapitel

Kaum waren wir aus dem TGV ausgestiegen, kannte meine Mutter natürlich schon jemanden. Nach kurzem Geplauder überreichte uns die nette Familie aus unserem Heimatdorf dann auch noch ein Paar Metropässe, die noch bis Dienstagabends gültig waren. Es geht doch nichts über einen Start mit Geschenken.

Da wir drei grosse Koffer und zwei schwere Rucksäcke dabei hatten, gönnten wir uns ein Taxi zum Avenir Hotel Montmartre. Der Gare de Lyon ist ja nicht gerade im Zentrum und leider sind nicht alle Metrostationen mit Rolltreppen ausgestattet. Wenn ich Fitness machen wollte, dann bestimmt nicht mit drei Koffern in einer überfüllten Metro. Ausserdem hat man aus dem Taxi eine bessere Sicht auf die Stadt und ich konnte feststellen, dass wir an ungewöhnlich vielen Hochzeitsgeschäften vorbei fuhren. Die roten Punkte auf der Karte sind Brautgeschäfte. Ich hab mir das nicht eingebildet.

Quelle: Google Maps

Unser Hotel war bei der Metro Station Anvers (oben links). An der Rezeption des Avenir Hotels sass ein Inder, der schlechter Französisch konnte als ich – oder zumindest einen fürchterlichen Akzent hatte und deshalb meinen Akzent nicht verstand. Zum Beispiel hatte er ein riesen Problem mit 42. Ich spreche quarant-deux halt als „karooont-döö“ aus und er mehr so als „carent-déu“. Bei forty-two fanden wir dann einen gemeinsamen Nenner. Unser Dreibettzimmer (super, ein Bett benutzten wir gleich für all die Koffer) war im 6. Stock und aus dem Fenster sah man direkt auf die Sacre Coeur. Das Hotelzimmer war jetzt nicht überwältigend, aber für den niedrigen Preis und die gute Lage fanden wir es angemessen.

Unsere Aussicht auf die Sacre Coeur

Unsere Ziele für die erste Woche, waren mehr oder weniger klar definiert:

1. mein Gepäck nach Paris bringen

2. ein Handy-Abo für mich abschliessen

3. Sightseeing

4. mich in der Schule vorstellen

5. herausfinden, wie abgelegen meine Wohnung ist.

Wir waren sehr erfolgreich mit dem Abarbeiten der Liste.

Ich bin Yvonne sehr dankbar, dass sie extra mit mir nach Paris gekommen ist, um mir beim Umzug zu helfen. Weil meine Wohnung bis zum 26. September aber noch vermietet war, konnte ich sie ihr leider nicht von innen zeigen. Überhaupt war ich etwas nervös wegen der Wohnung, denn meine letzte Mieterfahrung in Frankreich war ja eher negativ gewesen.


Während ich das hier schreibe, sitze ich im Starbucks mit Sicht auf die Moulin Rouge. Um mich herum machen alle Menschen Selfies, eine Japanerin ist mir dabei besonders aufgefallen, weil sie ihr Smartphone sicher 10 Minuten lang um ihren Kopf herum bewegte, so dass ich nicht sicher bin, ob sie ein Selfie macht oder ihren Kopf filmt. Vielleicht beides. Wie würde man dann ein Video-Selfie nennen? Gibt es das schon oder habe ich da gerade einen neuen Trend entdeckt? Das muss ich bei Gelegenheit mal googlen.


In ziemlich genau zwei Stunden, nämlich um 14:00 Uhr, kann ich endlich mein Studio, das ich aber gerne als meine Wohnung bezeichne, weil es sich dann grösser und erwachsener anfühlt, beziehen. Ich hoffe, Madame Zelis, die Besitzerin, ist eine Nette. Ich möchte sie nämlich bitten, meinen Mietvertrag nun doch auf meinen Namen zu ändern, denn ich brauche einen mit meinem Namen drauf, um CAF zu beantragen. CAF ist so Wohngeld, das einem vom französischen Staat bezahlt wird, wenn man arm ist. Aber über das Bürokratische und Administrative werde ich dann mal einen Eintrag machen, wenn ich mich inspiriert dazu fühle. Auf jeden Fall bin ich irgendwie nervös und hoffe, dass sie mich mag. Mit meinem letzten französischen Vermieter habe ich es mir ja schon am 3. Tag verdorben, als ich ihn daraufhin wies, dass mein Studio statt den versprochenen 14m2 nur 9m2 aufwies. Männer sind ja immer empfindlich, wenn man sie auf mangelnde Grösse hinweist und deshalb nahm er das gar nicht gut auf. Darüber habe ich HIER geschrieben. Da bei diesem Studio aber die Grösse im Vertrag steht, gehe ich mal davon aus, dass es auch ungefähr in diesem Grössenbereich sein wird – plus minus Wände.


Ich habe hier übrigens gerade einen Soja-Macchiato-Caramel und drei Pancakes gefrühstückt. Der Starbucks hier ist zwar günstiger als in der Schweiz, aber hätte ich in einem anderen Bistrot gefrühstückt, hätte ich für den Preis wohl noch ein Gipfeli und einen Orangensaft bekommen. Aber ich beklage mich nicht, dann das war mein letztes Frühstück auswärts für eine sehr lange Zeit. Irgendwie finde ich das sogar besser, als am Hotelbuffet zu Frühstücken, weil ich mich da immer so dermassen überfresse, dass ich mich danach am liebsten wieder hinlegen würde. Aber das will man auf einer Städtereise ja gar nicht. Obwohl, eigentlich ist das hier gar keine Reise mehr, denn ab heute werde ich in Paris wohnen. Es wird wohl noch ein Bisschen dauern, bis ich mir den Pariser Chic angeeignet habe und alle Metro-Verbindungen auswendig kann, aber heute beginnt ein neues Kapitel in meinem Leben.

Recent Posts
Archive
Search By Tags
Noch keine Tags.
Follow Me
  • Facebook Basic Square
  • Twitter Basic Square
  • Google+ Basic Square
bottom of page